Coverfotografik: Olaf R. Spittel
(2003/2007).
Erstveröffentlichung: März bis Juli 1912 im
Sunday Magazine der Philadelphia Press und
April bis November 1912 in The Strand Magazine.
Erste Buchausgabe: The Lost World.
Hodder and Stoughton, London - New York -
Toronto 1912. Deutsche Erstausgabe:
A. Conan Doyle, Die verlorene Welt.
August Scherl, Berlin 1926
Haben einige Dinosaurier überlebt? Kontroverse
um Datierung von Knochenfunden auf die
Nach-Kreidezeit-Ära - zum Bericht
von
Dunkel, wie man sich an einen bösen Traum erinnert, entsinne ich
mich, daß ich immer wieder in den Wald und um das verlassene Lager herum rannte
und verzweifelt nach meinen Gefährten rief. Doch aus dem schattigen Dunkel kam
keine Antwort. Der fürchterliche Gedanke, sie nie wiederzusehen, allein zu sein
auf diesem verwünschten Plateau, ohne die Aussicht, jemals zurück in die
zivilisierte Welt zu gelangen, hier mein Dasein fristen und sterben zu müssen,
brachte mich glatt um den Verstand.
Sir
Arthur Conan Doyle,
1859 - 1930 |
Leseprobe |
Sir Arthur Conan Doyle: Die verlorene Welt.
Roman.
Originaltitel: The Lost World (1912)
Ein Bericht
über die jüngsten erstaunlichen Abenteuer
des Professors George E. Challenger,
Lord John Roxtons, Professor Summerlees
und Mr. E. D. Malones von der Daily Gazette.
Aus dem Englischen übersetzt, mit Anmerkungen
und einem Nachwort versehen von
Reinhard Hillich.
Sir Arthur Conan Doyle: Ausgewählte Werke, Band 6
Herausgegeben von Olaf R. Spittel
Verlag 28 Eichen, Barnstorf 2007. 260 S. 19,50 €.
Format 12 x 19, 285 g.
Softcover
ISBN: 978-3-9809387-8-5
Email an den Verlag
Rezensionen:
(Quelle)
Ein großes Lesevergnügen
Neben Sherlock Holmes ist Professor George E. Challenger der zweite erfolgreiche
Entwurf einer populären literarischen Serienfigur von Arthur Conan Doyle. Und
innerhalb der Challenger-Serie wiederum rangiert The Lost World (1912) mit
Abstand auf dem ersten Platz, was Beliebtheit und Verbreitung angeht. Kein
Wunder, denn der Roman erzählt eine sensationelle Geschichte: Auf einem
Felsplateau mitten im südamerikanischen Regenwald sollen urtümliche Tiere
Saurier überlebt haben, die sonst seit Millionen von Jahren auf der Erde
ausgestorben sind. Der ebenso geniale wie skandalumwitterte Professor Challenger
behauptet dies zumindest und bringt damit die gesamte Gelehrtenwelt sowie die
Presse des britischen Inselreichs gegen sich auf. Der Streit führt dazu, daß man
London eine Expedition ausrüstet, die den Wahrheitsgehalt der Behauptung
überprüfen soll. Wie die Expeditionsteilnehmer das Plateau finden und was sie
dort erleben, schildert der mitreisende Londoner Reporter Edward D. Malone in
brieflichen Berichten an seine Zeitungsredaktion.
Dieser längst zum Klassiker der Abenteuerliteratur avancierte Roman ist oft
nachgeahmt, mehrfach verfilmt und in viele Sprachen übersetzt worden - auch
einige Male ins Deutsche. Nun diese Übersetzung. Sie überzeugt mich, weil die
sprachlichen Eigenarten der skurrilen Figuren treffsicher erfaßt und ins
Deutsche übertragen wurden: der geschwollene Stil Challengers, die pedantische
Ausdrucksweise Professor Summerlees, die Manierismen des adligen Großwildjägers
Sir John Roxton. Sollte einmal der Roman als Hörbuch aufgenommen werden, wäre
Reinhard Hillichs Text sicher der geeignetste dafür. Absolute übersetzerische
Glanzstücke sind für mich die turbulenten akademischen Versammlungen, die vor
und nach der Expedition stattfinden. Besondere Erwähnung verdienen auch die
humorvollen, quasi mit einem Augenzwinkern verfaßten Textanmerkungen und das
kompakte, sehr informative Nachwort des Übersetzers, der bestens über Conan
Doyles Leben und Werk Bescheid weiß.
Ich beneide jeden, der diesen Roman nicht kennt, denn hat er ein großes
Lesevergnügen noch vor sich.
Zu den Rezensionen bei
|
Ein phantastischer Roman in jeder Beziehung...
Von
Ludwig Andert
... zudem gewissermaßen die Mutter aller Dinosaurierstorys
bis hin zu „Jurassic Park“. In dieser Hinsicht kann man
Conan Doyles Werk durchaus vergleichen mit Stevensons
„Schatzinsel“, die das Modell für viele
Schatzsuchergeschichten abgegeben hat.
Ich mag diesen Roman, seit ich ihn in einer (gekürzten, von
einigen schockierenden Passagen gereinigten) DDR-Ausgabe des
Verlags Das Neue Berlin gelesen habe. Seitdem schaue ich mir
neue Ausgaben immer wieder mit Interesse an. Bei Reinhard
Hillichs Übersetzung ist es jedoch nicht beim Überfliegen
geblieben. Ich habe sie in Gänze gelesen und muß sagen, daß
sie alle anderen deutlich übertrifft. Sie hat Stil, ist
präzise, einfallsreich und humorvoll. Man merkt, daß hier
kein Gelegenheitsübersetzer sondern ein Könner seines
Metiers und Kenner Conan Doyles am Werk war.
Schade nur, daß diese gelungene Ausgabe, die zu Recht in die
erste deutsche Werkausgabe Arthur Conan Doyles aufgenommen
wurde, keine Illustrationen besitzt. Es sollte doch möglich
sein, einen Teil des Bildmaterials nachzudrucken, das bei
der Erstveröffentlichung als Fortsetzungsroman (in der
Zeitschrift The Strand) benutzt wurde. Conan Doyle posierte
dort höchstpersönlich, verkleidet mit Bart und Perücke, als
Prof. Challenger!
Weit mehr als ein Abenteuerroman
Doyle hat etwas, das kein ausschließlich der
Kurzweil des Lesers verpflichteter „Unterhaltungsschriftsteller“ hat
(als der er mehr oder weniger gilt): Er stellt Modelle auf, an denen
sich der Leser reiben, messen und selber (besser) erkennen kann.
Schon eine rezeptionsgeschichtliche Großtat, daß er mit seinem
Sherlock Holmes einen neuen Ermittlertypus etablierte und zu
unvergleichlicher Entfaltung brachte – mit nachhaltiger Ausstrahlung
in die Ermittlungsmethoden der modernen Polizei bis heute. Eine
Großtat ebenso, daß er um einen zweiten, Sherlock Holmes äußerlich
entgegengesetzten Forschergeist, Professor Challenger, einen kleinen
Zyklus von Romanen schuf, in deren Folge eine Menge Science
fiction-Literatur um Giftkatastrophen oder, wie hier im eröffnenden
und bekanntesten Werk, urweltliche Tiere entstand, die auf einem
verborgenen Plateau überleben.
Abgesehen vom Zauber der Fauna und Flora in dieser „verlorenen
Welt“, der in der Neuübersetzung von Reinhard Hillich zu blühender
Entfaltung kommt, dürfte Doyles Werk die meisten Nachfolger auch
dadurch aus dem Rennen kicken, daß er zwischen mehreren Ebenen
changiert. Geschickt wie nur einer und mit einem ganz besonderen
trocken-liebenswürdigen Humor jubelt er seinem Leser Mediensatire,
Gelehrtensatire, Wissenschaftssatire und philosophische
Grunderörterungen um das alte Problem der Wahrheitsfindung unter.
Wer sich etwas in Akademikerkreisen auskennt, findet einiges
Unglaubliche dort unmittelbar wieder. Er sieht den Rang von
Journalisten wie denjenigen bloßer Informationsvermittler in der
akademischen Lehre zutreffend umschrieben (S. 28, 59, 222ff.),
manche Verhaltensweise unerwartet aber zutreffend umgedeutet (S. 68)
und stößt auf S. 72, Z. 11 f. auf ein Aperçu, um das Goethe Doyle
beneidet hätte und das manchem mental steckengebliebenen Erwachsenen
Klarheit über seine Depressionen geben und viele
Psychotherapiesitzungen ersparen könnte.
Nebenher gibt Doyle dann auch noch dem immerwährenden Topos von den
Prüfungen, die ein Prinz bestehen muß, um seine Prinzessin zu
bekommen, eine grimmig drollige Variante. (Vielleicht Schillers
Handschuh-Ballade noch einmal umbiegend? – Anfang und Ende.)
Wissen Sie, wie ein durchschnittlich empfindender Bürger in einen
Blutrausch gerät? Dann lesen Sie nach S. 184. Daß Doyle, um S. 97
herum, aber auch ausnahmsweise eine „Länge“ produziert – der sonst
immer zielfixiert und steigernd bis zum Schluß schreibt –, sei dem
vielleicht nicht so mitdenkend Lesenden erklärt: Wie Forscher
Durststrecken durchleben in der Alternative, ergebnislos umzukehren
oder in Erwartung späterer Erkenntnis auszuharren, hängen die
Teilnehmer von Challengers Expedition unabsehbar in einem monotonen
Bambuswald.
Wer möchte, liest in dieser kurz aber gut kommentierten
Vorzugsedition auch eine augenzwinkernde Kritik an Darwins
Evolutionstheorie heraus. Für das m. W. bis heute nicht überzeugend
gelöste Problem des Verbindungsgliedes zwischen Affe und Mensch
bietet der Roman eine Lösung an, die er in einem Kleinkrieg aber
gleich wieder ausradiert, der genauso geflunkert ist wie die Welt,
in der er stattfindet.
Unterhaltung auf jeden Fall, ebenso aber auch Denkstoff, und beides
vom feinsten! Klaus-Peter Bungert
(Trier) Quelle: http://www.amazon.de/gp/cdp/member-reviews/A1DJ9TVRMME0AJ/ref=cm_pdp_rev_more/275-5588629-0893268?ie=UTF8&sort_by=MostRecentReview#R27WTFOO97DLHC |