Verlag 28 Eichen


Man könnte manchmal an der Welt verzweifeln. Zu häufig und zu fundamental kollidiert Tag für Tag der eigene Wertekanon mit dem Erlebten. Um ohne seelischen Schäden still vergnügt und mit sich im Reinen zu überleben, kann es hilfreich sein, den Blick für die „Geschichte hinter der Geschichte“ zu schärfen, es sei denn, man strickt den eigenen Lebensentwurf um und fristet sein Dasein fortan als Griesgram, Totalverweigerer, Eremit oder militanter Besserwisser.

Der Autor vertritt in seinem humoristisch-satirischen Realsatiren & Alltagsgrotesken die Ansicht, dass auch die abstrusesten, skurrilsten, frechsten, ärgerlichsten oder erbärmlichsten Alltagsphänomene, die dem Leser begegnen, Facetten enthalten, die ihn, wenn er sie mit dem geschärften Blick des Ad-hoc-Phänomenologen zielsicher aufgespürt und durchleuchtet hat, seelisch wieder ausbalancieren können – und mag die Diskrepanz zwischen dem Erlebten und den eigenen Wertvorstellungen auch noch so groß sein.

Sein Plädoyer lautet: Ärgern Sie sich nicht über die Zumutungen, die an Sie herangetragen werden, sondern lernen Sie, sich zu wundern. Keine schmalen Lippen, keine malmenden Zähne, sondern hochgezogene Augenbrauen und vielleicht ein angedeutetes Lächeln sind angesagt.

Jörg Greck:
32 ½ Wurzeln des gemeinen Alltagswahnsinns.
Kleines Schwarzbuch des Furor cotidianus.
28 Eichen, Barnstorf 2016. 156 S. 12,- €.
Format 12 x 19, 175 g. Softcover
ISBN: 978-3-96027-098-0

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Auszug

Sitzpinkeln (Folge: Domestizierung)
Kurzfassung für den eiligen Leser: Die Domestizierung des Mannes erstreckt sich auf alle Lebensbereiche1 und macht auch vor höchstpersönlichen Handlungen wie dem Urinieren nicht halt, das, politisch korrekt, bitte im Sitzen zu geschehen hat. Dagegen sprechen nicht nur volkswirtschaftliche Gründe, sondern auch ein Gerichtsurteil der mit drei Richterinnen (!) besetzten 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf 2 das überzeugte Stehpinkler zu Argumentationszwecken stets bei sich führen sollten.
 

Und was sagt Kant?

Immanuel Kant, dem deutschen Philosophen der Aufklärung, wäre ein derart kreativer Umgang mit der Wahrheit wohl nicht zu vermitteln gewesen. Noch in seiner vorletzten Veröffentlichung aus dem Jahr 1797 mit dem Titel „Über das vermeintliche Recht aus Menschenliebe zu lügen“ stellt er resümierend apodiktisch fest: „Es ist also ein heiliges, unbedingt gebietendes, durch keine Konvenienzen einzuschränkendes Vernunftgebot: in allen Erklärungen wahrhaft (ehrlich) zu sein.“ Frauen berufen sich in diesem Zusammenhang gern auf Benjamin Constant, der in einer seiner Schriften nachzuweisen versucht, dass das mit der unbedingten Wahrheitsliebe Kantscher Prägung gar nicht so gemeint ist.

 

 
 

 

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